KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IM RECRUITING
Lesezeit 15 minuten
Geschrieben am 22.11.2023

Um zu verstehen, wie künstliche Intelligenz (KI) im Recruiting eingesetzt werden kann, sollte man zumindest grundlegend verstehen, was eine KI ist. Bei einer KI handelt es sich um Computerprogramme oder -systeme, die in der Lage sind, Aufgaben auszuführen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern. Mithilfe von Algorithmen kann eine KI in enormen Datenmengen bestimmte Muster erkennen, daraus Prognosen ableiten und entsprechend der gewonnenen Erkenntnisse dann mit der Umwelt interagieren1. Mit diesen «Fähigkeiten» bieten KIs ein grosses Potenzial für den Einsatz im Recruiting.
BLOG HOMEPAGEEinsatz der künstlichen Intelligenz im Recruiting
Hier einige Beispiele wie KI künftig im Recruiting eingesetzt werden kann und teils bereits wird:
- Identifizieren von Talenten: Eine KI kann Karriereplattformen anhand vordefinierter Kriterien nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten durchforsten und ggf. sogar einen Erstkontakt herstellen.
- Analyse und Vorselektion von Lebensläufen: Auch bei der Analyse von Lebensläufen kann eine KI nach vordefinierten Kriterien oder Schlagworten suchen und vorsortieren. Besonders bei grossen Mengen an Lebensläufen muss der Recruiter oder die Recruiterin somit nicht jeden Lebenslauf einzeln prüfen.
- Chatbots: Chatbots beantworten Fragen von Bewerbenden. Besonders für häufig wiederkehrenden Fragen ist dieses KI-basierte Tool gut geeignet.
- Optimieren von Stellenanzeigen: Eine KI kann Stellenanzeigen analysieren und Optimierungspotenziale aufzeigen. Hierfür kann sie auch Budgets, Inhalte, aktuelle Trends usw. berücksichtigen.
- Optimieren von Kampagnen: Ebenso kann eine KI auch Kampagnen im Zusammenhang mit der Talentakquise analysieren und optimieren.
- Analyse von Videointerviews: Bei Videointerviews kann eine KI die Stimme, die Sprache sowie Gestik und Mimik des Bewerbenden erkennen und analysieren. So erhält der Recruiter oder die Recruiterin wertwolle Einblicke, die ihm oder ihr evtl. entgangen wären.
- Assessment Center: Unternehmen können eine KI zur Auswertung von Tests und Aufgaben nutzen, um den Auswahlprozess zu vereinfachen.
- Online-Bewerbungsformulare: KI kann Informationen aus Bewerbungsformularen filtern und Personalverantwortlichen bei der Auswahl geeigneter Kandidaten unterstützen.
Chancen und Risiken
KI kann zu Zeit- und Kostenersparnissen führen, die Chancen, passende Kandidaten und Kandidatinnen zu finden erhöhen odergewisse Aufgaben übernehmen und damit den Bewerbungsprozess verkürzen. Einige Expertinnen und Experten gehen sogar davon aus, dass durch die Nutzung einer KI im Auswahlprozess die Voreingenommenheit des Recruiters bzw. der Recruiterin, z. B. in Form von unbewussten Vorlieben oder Abneigungen für bestimmte Merkmale, reduziert werden kann.
Doch genau hier stösst eine KI durchaus auch an ihre Grenzen, denn sie wird von Menschen programmiert und baut auf von Menschen erhobenen Daten auf. Das bedeutet, sind in den zugrundeliegenden Daten bereits Diskriminierungen enthalten, wird die KI sie nicht als solche erkennen, sondern reproduzieren. Auch unvollständige sowie ungenaue Datensätze oder Fehler in der Programmierung können sich negativ auswirken.
Ausserdem gibt es natürlich auch Befürchtungen, dass der Bewerbungsprozess durch die künstliche Intelligenz entmenschlicht wird.
Verbreitung in Schweizer HR-Abteilungen
Eine Medienrecherche bzw. Umfrage von AlgorithmWathch ergab, dass die meisten grossen Unternehmen in der Schweiz keine oder nur in sehr begrenzen Umfang KI-basierte Tools für ihrem Rekrutierungsprozessen nutzen.2 Laut eigenen Angaben verzichten z. B. Swisscom, Coop und Nestle derzeit komplett auf KI im Recruiting.
Am weitesten fortgeschritten seien hier Firmen der Pharmabranche wie Roche und Novartis, die zumindest für bestimmte Bereiche bereits KI-basierte Tools verwenden. Auch einige andere namhafte Unternehmen spielen mit dem Gedanken künftig künstliche Intelligenz einzusetzen, um ihr Recruiting zu optimieren. Die Post befindet sich beispielsweise gerade in der Konzeptphase für ein KI-unterstütztes Screening, möchte das Verfahren aber vor dem Einsatz in der Praxis erst sorgfältig prüfen.3
Klar ist jedoch, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Recruiting innerhalb der Schweiz noch längst nicht flächendeckend stattfindet. Das liegt insbesondere an den bereits beschriebenen Risiken, an mangelnder Erfahrung und Unwissenheit.
Die Adecco Gruppe und KI
Die Adecco Gruppe hat bereits erste Erfahrungen mit dem Einsatz von KI, insbesondere Gen AI (generative KI) gesammelt und möchte diese Entwicklungen auch weiter vorantreiben. Lesen Sie im Interview mit Greg Shewmaker, Group SVP Global Operations, in welchen Bereichen KI in den Rekrutierungsprozessen der Adecco Gruppe eingesetzt wird und wo seiner Meinung nach die grössten Potenziale und Risiken dieser neuen Arbeitshilfen liegen.
KI als Werkzeug verstehen
KI und Algorithmen sollten als Werkzeug betrachtet werden, um den Rekrutierungsprozess zu unterstützen und zu optimieren, allerdings sollte die menschliche Komponente dabei nicht ausser Acht geraten. Die persönliche Interaktion zwischen HR-Fachkräften und Bewerbenden bleibt unersetzlich. In der Schweiz scheint sich der Einsatz von KI nur langsam in den HR-Abteilungen zu etablieren, doch einige Unternehmen setzten sich nach und nach mit diesen neuen Technologien auseinander und prüfen, ob und wie sie künftig von KI profitieren können.
- Vgl. Künstliche Intelligenz (KI) • Definition | Gabler Wirtschaftslexikon / Was ist künstliche Intelligenz? | KI Definition | SAP News Center / Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen - Fraunhofer IKS (15. November 2023)
- https://algorithmwatch.ch/de/ki-in-der-personalrekrutierung/ (15. November 2023)
- https://www.inside-it.ch/wie-schweizer-hr-abteilungen-kuenstliche-intelligenz-einsetzen-20230613 (15. November 2023)
«In den nächsten fünf Jahren wird KI in jeden Aspekt unseres täglichen Lebens integriert sein»
Wie sich die Adecco Gruppe darauf vorbereitet und in welchen Bereichen künstliche Intelligenz bereits eingesetzt wird, lesen Sie im Interview mit Greg Shewmaker, Group SVP Global Operations.
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